Band 380: Film 1 Zähler: (1 - 3830) BR Do, 06.07.2000 23:30 90 Min.
deutsch
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iFN: 935
Mau Mau
Drama
Die letzten Tage einer Hamburger Kiez-Kneipe, in der sich ewige Glücksritter und ewige Verlierer ein Stelldichein geben.
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Drehbuch: Uwe Schrader und Daniel Dubbe
Mitten im Kiez liegt das Mau Mau. Wenn in der Stadt die Lichter ausgehen, dann geht es im Mau Mau erst richtig los. Es wird gestrippt, gekuppelt und geneppt, krumme Geschäfte werden über die Bühne gebracht. Manchmal ist man sich sehr einig, und manchmal fliegen die Fetzen. Es wird gefeiert und geheult. In dieser Welt von Gestrandeten, Gestrauchelten und Wiederauferstandenen folgt der Film den Lebenslinien von Inge und Heinz, von Rosa und Doris und von Ferdi und Ali auf ihrer Suche nach Liebe, Glück und Leben.
- Inge ist die Chefin im Mau Mau. Sie hat sich in einer männerbeherrschten Szene durchgesetzt und ist so etwas wie eine Autorität im Kiez. Sie besitzt das Vertrauen ihrer Gäste, die mit ihren alltäglichen Sorgen zu ihr kommen. Im Grunde will sie nur da leben, wo sie immer gelebt hat.
- Rosa, 25, ist hübsch, spontan, gefühlsbetont und sehr wichtig für Inges Geschäft. Sie sieht das Mau Mau als Chance, eine schnelle Mark zu machen, während Inge an ihr hängt wie an einer Tochter. Sie hat ihren arabischen Freund Ali bei sich aufgenommen. Sie braucht einen, der sie braucht. Ali kommt ihr in seiner Ungeschütztheit gerade recht.
- Die Attraktion im Mau Mau ist Doris. Sie arbeitet an der Bar und trägt zur Unterhaltung der Gäste bei. Hemmungslos als Stripperin auf der Bühne, wird sie plötzlich schüchtern, wenn sie einem schönen Mann gegenübersteht. Sie weiß, was sie wert ist und was sie erwarten kann.
- Ali, groß, kräftig, ein würdevoller Typ, der auch etwas Stilles und Meditatives hat. Eigentlich heißt er Salah Al Din, aber diesen Namen will sich keiner merken, und deshalb nennt ihn jeder Ali. Im Mau Mau ist er nur widerwillig geduldet.
- Ferdi ist immer davon überzeugt gewesen, dass er der Größte ist: Er ist von kräftiger Statur, trägt Tätowierungen unter der Gürtellinie und besitzt eine gewisse Härte. Er ist ein Aufschneider und besitzt wenig Gespür dafür, wann er zu weit geht. Seine Selbstsicherheit ist unerschütterlich.
- Heinz, Inges Ex- und Immer-Noch-Mann, war Fußballprofi, bis man ihn zusammengetreten hatte und es mit dem Fußballspielen vorbei war. Er hat es im Leben zu nichts gebracht. Trotzdem hat er etwas Unbekümmertes, auch etwas Gutmütiges.
- Kowalik hat es in den 60er Jahren von Warschau nach Deutschland verschlagen. Seine Frau ist seit sechs Jahren tot, "aber in seiner Wohnung ist fast alles so geblieben, wie es war". Unter den kleinen Nummern im Kiez ist er eine von den größeren, aus seinen Bars hat er mittlerweile Spielhallen gemacht. Mit dem Mau Mau hat er nicht mehr viel vor, dafür um so mehr mit Inge.
Uwe Schrader studierte in Hamburg Visuelle Kommunikation und schloss mit dem Designer-Diplom ab. Anschließend absolvierte er ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Er drehte eine Anzahl Kurz- und Dokumentarfilme, u. a. "Phantom", für den er 1979 den "Silbernen Bären" verliehen bekam. Es folgten Kameraarbeiten bei Dokumentationen in Südamerika und Afrika. Danach arbeitete er als Regieassistent bei Peter Fleischmann. An der Hochschule für Fernsehen und Film in München (HFF) übernahm er einen Lehrauftrag für Regie- und Schauspielerführung.
Seine Filme: 1983 "Kanakerbraut", Spielfilm, Bundesfilmpreis 1984, Filmband in Gold für Regie. Nominierung als deutscher Beitrag für den "Prix Georges Sadoul 1984", "Semaine de la critique", Cannes 1984. 1985 "Kein Mord - kein Totschlag", Dokumentarfilm, 1987 "Sierra Leone", Spielfilm, Nachwuchsförderpreis der Produzenten des Films "Die unendliche Geschichte" (Bernd Eichinger, Dieter Geissler, Günter Rohrbach), Bundesfilmpreis 1988. Uraufführung: "Settimana della Critica", Venedig 1987. 1992 Mau Mau. Eine Uwe-Schrader-Filmproduktion in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk und dem Sender Freies Berlin.
Darsteller:
Inge Marlen Diekhoff
Heinz Peter Franke
Rosa Catrin Striebeck
Ferdi Peter Gavajda
Kowalik Henryk Bista
Doris
Myriam Mézières
und andere
Deutscher Beitrag der 45. Internationalen Filmfestspiele Locarno 1992
Seit Fassbinders "In einem Jahr mit 13 Monden" gab es keinen deutschen Film, der mit so viel Zärtlichkeit von Menschen erzählt, die nur die Freiheit haben, unterzugehen.
Andreas Kilb, Die Zeit
Regie: Uwe Schrader D 1992