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Jeanne Moreau

Stand: 29.07.2001
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* 23.01.1928  in Paris    

Schauspielerin

Sie hilft Feuer löschen, die sie selbst gelegt hat, ihre Zigaretten drückt sie in Apfelblüten aus - die neunzehnjährige Dorfschullehrerin in Kostümen von Pierre Cardin, die sich einem italienischen Holzarbeiter hingibt und ihn hernach der Lynchjustiz preisgibt, diese Rolle in Tony Richardsons Jean-Genet-Adaptation "Mademoiselle" (1965) ist neben der Hausangestelten Celestine in Luis Buñuels "Tagebuch einer Kammerzofe" die wohl aufregendste und am meisten irritierende Kinofigur, die Jeanne Moreau in ihrer 45-jährigen Schauspielerkarriere gespielt hat.

Sie ist eine der großen Schauspielerinnen unseres Jahrhunderts, man spricht von der Moreau wie man von der Garbo und der Dietrich sprach. Als Tochter eines Pariser Hoteliers und einer Engländerin, eines ehemaligen Tiller-Girls wird sie in Paris geboren. Sie studiert am Pariser Konservatorium, arbeitet von 1948 bis 1952 an der Comèdie Francaise, geht dann an Jean Vilars Theatre National Populaire. Dort wird sie bekannt mit Tennessee Williams Stück "Die Katze auf dem heißen Blechdach", der Regisseur: Peter Brook.

Ihre Filmkarriere beginnt 1948 mit Jean Stellis "Letzte Liebe", doch der erste bedeutende Film in dem sie mitwirkt, ist Jaques Beckers "Touchez pas au Grisbi" ("Wenn es Nacht wird in Paris"). Im schummrigen Bar- und Gangstermilieu des lakonisch charmanten Monsieur Max alias Jean Gabin ist sie Josy, die ihren Freund Riton mit dem schönen Angelo (Lino Ventura) betrügt und gleichzeitg zur Verräterin an ihren Freunden wird. Der Profi Gabin erkennt das Talent der jungen Jeanne und fördert sie, obwohl er nur noch einmal, 1955 in "Gas Oil" von Giles Grangier mit ihr spielt. Der Routinier des französischen Krimis, Henri Decoin, drehte gern mit der Moreau: "Sie hat Ausstrahlung, ist unkompliziert, kostet keine unnötigen Drehtage," so seine sachlich nüchterne Einschätzung.

Bei Decoin, Grangier, Molinaro und anderen ist sie eine Weile vorwiegend in Gangsterfilmen zu sehen, doch dann kommt eines Tages ein kleiner Mann, der sie für seinen Debütfilm haben will: Louis Malle ist ein Außenseiter, ein Mann aus gutem Haus mit besten Manieren und gepflegter Sprache, der als Dokumentarist bei Jacques Cousteau begann. Moreau und Malle werden ein gutes Team, beruflich und privat: Ihr Gesicht, die Bewegungen, die Mimik und sein Geist, sein zivilisierter Anarchismus schaffen hohe Kinokunst. "Fahrstuhl zum Schafott" (1957), Malles Kinodebüt, und "Die Liebenden" kurz darauf stehen am Anfang einer neuen Ära des französischen Films, ein neuer poetischer Realismus - kaum mehr vergleichbar dem von Marcel Carné. Louis Malle machte die Moreau zum Star, jetzt beginnt ihre große Zeit.

Peter Brook, bei dem sie ihre erste große Bühnenrolle gespielt hatte, besetzt sie als Partnerin von Jean-Paul Belmondo in der Marguerite Duras-Verfilmung "S tunden voller Zärtlichkeit", bei Michaelangelo Antonioni ist sie die Partnerin von Marcello Mastroianni in "Die Nacht" (1960) und schließlich spielt sie bei François Truffaut eine ihrer liebenswertesten und schönsten Rollen, die Catherine in "Jules und Jim" (1961) (Oskar Werner und Henri Serre), den Romanhelden von Henri Pierre Roché.

Catherine, eine ungewöhnliche Frau, wird von beiden geliebt. Der Deutsche, Jules heiratet sie als die Freunde sich im Ersten Weltkrieg trennen. Nach dem Krieg kehrt Jim zurück, eine "reine Liebe zu dritt" entsteht, doch Catherine welkt dahin, ein dauerndes Glück ist ihr nicht vergönnt: am Ende gehen zwei Menschen in den Tod, der dritte bleibt einsam zurück.

Joseph Losey ("Eva"), Jacques Demy ("La baie des anges", 1962), Tony Richardson ("Mademoiselle", "Le marin de Gibraltar", beide 1965) werden ihre Regisseure, bei anderen ist sie nicht nur Star, sondern auch für eine Zeit Lebensgefährtin, so von Truffaut-Schüler Jean-Louis Richard, von Orson Welles, John Frankenheimer, dem Modeschöpfer Pierre Cardin, dem Schriftsteller Peter Handke.

Jeanne Moreau hat etwas von der frühen Bette Davis, ihre Ausstrahlung ist mit der Garbo vergleichbar - und wie diese spielt sie auch die geheimnisvolle Mata Hari - schon für die Garbo eine unglückselige Kinofigur und auch die Moreau ist als "Agentin H 21" unter der Regie von Jean-Louis Richard nicht sehr glücklich. Aber auch hier gibt es einen unvergleichlichen Moment: Die Eingangsszene, wenn Mata Hari auf der Bühne tanzt, hinter dem Spiel ihrer Finger verbirgt sie die Chiffren für den im Saal anwesenden Agenten.

Nach dem französischen Kino erobert sie auch die britischen, italienischen und amerikanischen Ateliers. Unter Truffauts Regie ist Jeanne Moreau immer auf der Höhe ihres künstlerischen Formats. Als Julie Kohler in "Die Braut trug schwarz" tritt sie mit ihrem frischgebackenen Ehemann aus der Kirche, ein Schuß fällt, leblos sinkt der Mann zu Boden. Doch Julie gibt sich nicht mit stiller Trauer zufrieden: Sie spürt nach und nach die Männer auf, die aus Leichtfertigkeit getötet haben, und bringt sie alle um.

Bei vielen bedeutenden Regisseuren ist sie immer wieder eine neue Figur: Das Fräulein Bürstner in Orson Welles' Kafka-Adaptation "Der Prozeß", die Célestine in Luis Buñuels Mirbeau-Verfilmung "Das Tagebuch einer Kammerzofe", die Doll Tearsheet in "Falstaff" von Welles und die eine Maria neben Brigitte Bardot in Louis Malles Revolutionsmusical "Viva Maria".

Immer wieder ist sie eine aufregende Schauspielerin, die so unterschiedliche Regisseure faszinierte wie Rainer Werner Fassbinder, bei dem sie in Jean Genets "Querele" spielte und Wim Wenders - Jeanne Moreau ist alles in allem: eine faszinierende Frau und eine brillante Schauspielerin.

* = ohne Aufnahme oder Serienzusammenfassung


Jeanne Moreau
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