Band 673: Film 1 SAT.1 So, 10.02.2002 03:40 90 Min.
deutsch
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iFN: 1904
Solo für Klarinette
Krimidrama
Kommissar Bernie Kominka muss einen spektakulären Mordfall bearbeiten, bei dem dem Toten der Penis abgetrennt wurde. Als der Kommissar immer öfter bei seinen Vorgesetzten aneckt und ihm familiäre Probleme über den Kopf wachsen, wird er vom Dienst suspendiert. Trotzdem ermittelt er auf eigene Faust weiter. Auf einer Single-Party begegnet er Anna Weller, und obwohl sie eine Tatverdächtige ist, verliebt er sich in die geheimnisvolle Frau. Ihre leidenschaftliche, abgründige Affäre lässt ihn jede Vorsicht vergessen ...
Der neue Film von Nico Hofmann beginnt als Krimi und endet als Tragödie: verlorene Herzen und blutige Bettlaken in der großen, ...
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Kriminalhauptkommissar Bernie Kominka ermittelt in einem grausamen Mordfall: Georg Steinmann wurden nach seinem Tod die Genitalien abgeschnitten. Am Tatort fällt ihm eine Frau mit einem gelben Regenschirm auf, ohne dass er sie dem Geschehen zunächst zuordnen kann. Die Spuren führen den von privaten Sorgen gepeinigten Ermittler schnell zu Steinmanns Ex-Frau, aber dann ins Leere. Als er wegen Differenzen mit seinem Chef und Schwager Thomas Hecht vom Dienst suspendiert wird, ermittelt er auf eigene Faust weiter und schlägt alle Warnungen seines jungen Kollegen Freddie in den Wind. Denn auf einer Single-Party begegnet er Anna wieder, der Frau mit dem Regenschirm - und verliebt sich in sie, ein Tanz auf dem Vulkan beginnt... Inzwischen von seiner Frau verlassen, hat Bernie auch jeden emotionalen Bezug zu seinem schwierigen Sohn verloren. Genau wie seine Hauptverdächtige und Geliebte ist der Polizist eine vereinsamte, von der Liebe verletzte Seele. Doch wird diese Seelenverwandtschaft mit Anna auch seinen Tod provozieren?
“In der Liebe muß man vertrauen", wird später der Kernsatz eines Films lauten, der romantische Erfüllung erträumt und von ihrem Scheitern erzählt. “Solo für Klarinette", inszeniert von “Sandmann"-Regisseur Nico Hofmann, wirft fernab aller Sozialromantik einen Blick in die triste Anonymität der Großstädte. Wo die Menschen vereinsamen und Single-Parties und Kontaktanzeigen das einzige Glück versprechen. Wo der Wunsch nach Nähe in den Köpfen wühlt und die Liebe unendlich fern rückt.
Der Film sollte ursprünglich fürs Fernsehen produziert werden. Der Privatsender ProSieben knüpfte seine Beteiligung freilich an die Bedingung einer Altersfreigabe ab 12 Jahren. Um diese zu erreichen, hätte Hofmann den zugrundeliegenden Roman der Psychoanalytikerin Elsa Lewin zur Unkenntlichkeit entschärfen müssen. Das Projekt wurde auf Eis gelegt, bis die Berliner Produzentin Regina Ziegler einstieg und den Stoff mit ProSieben für die Leinwand bearbeitete.
Götz George verkörpert den vom Leben gezeichneten Kommissar Bernie Kominka, der mit seinem jüngeren Kollegen Freddie (Tim Bergmann) auf den Mord im Schlafstadt-Ghetto angesetzt wird: Der Tote liegt nackt auf seinem Bett, sein Kopf zertrümmert, sein Genital durchgebissen. Schon am Tatort fällt Bernie eine Frau im roten Regenmantel auf, die offenbar einen Grund hat, sich der polizeilichen Ermittlung schnell zu entziehen. Erst als Spürhund, dann als Liebender schleicht sich Bernie in das Leben der geheimnisvollen Anna (Corinna Harfouch). Beide wurden von ihren Partnern verlassen, beide finden für einen kurzen Moment Halt aneinander. Aber für eine zweite Chance braucht es die volle Wahrheit: Bernie verschweigt, daß er Polizist ist, und unterschätzt Annas Mißtrauen mit furchtbaren Folgen.
“Solo für Klarinette" gehört zu den exponiertesten Produktionen des deutschen Kinoherbstes und entwickelt in ihrer weniger physisch als psychisch gemeinten Nacktheit eine Intensität, die den Zuschauer konsequent einbezieht das Risiko einer verstörenden Kino-Erfahrung bewußt einkalkulierend. Unterstützt von erstklassigen Darstellern, überträgt Hofmann den Tragödienfluß eines Louis Malle oder Claude Chabrol in das Berliner Schmuddelmilieu.
Kameramann Hans-Günther Bücking (“Todesspiel") legt Düsternis über die Stadt, aber die Traurigkeit der Bilder strahlt erdige Wärme und tiefe Sympathie für ihre traurigen Helden aus. So ist es nur konsequent, daß am Ende dieses Films, der wie ein böser Traum wirkt, die Liebe nicht siegt, aber auch nie erlöscht.
(nach Heiko Rosner)
Hintergrundinfo:
"Sea of Love" in der deutschen Hauptstadt: Nico Hofmann, versierter Regisseur von gefeierten Leinwandwerken wie "Land der Väter, Land der Söhne" oder TV-Hits wie "Der Sandmann" und "Es geschah am hellichten Tag", gelang ein erotischer Psycho-Thriller der Extraklasse. Den in New York angesiedelten Roman der Psychoanalytikerin Elsa Lewin transponierte er dabei ohne jeglichen Reibungsverlust in die beklemmend-anonyme Atmosphäre Berlins. Sein stimmiges Psychogramm zweier gesellschaftlicher Außenseiter - der desillusionierte Polizist und die verstörte Frau - wird von sensationellen Leistungen zweier der besten Schauspieler Deutschlands getragen: Götz George und Corinna Harfouch. Nicht nur für Krimi-Fans ein Muss!
Tim Bergmann (geb. 2.3.1972 in Düsseldorf; "Echte Kerle", "Der Runner", "Mondscheintarif")
Buch: Elsa Lewin und Susanne Schneider, Kamera: Hans-Günther Bücking, Musik: Nikolaus Glowna. Mit: Götz George, Corinna Harfouch, Tim Bergmann, Barbara Auer, Christian Redl, Barbara Rudnik, Katharina Thalbach, Tobias Schenke.
Daten zu Beteiligten / Genannten:
Regie: Nico Hofmann (Der große Abgang) D 1998