Band 764: Film 1 Zähler: ( - 3860) ARD So, 16.06.2002 23:45 90 Min.
deutsch
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iFN: 2136
Angst essen Seele auf
Drama
Die verwitwete Putzfrau Emmi und der 20 Jahre jüngere Marokkaner Ali passen auf den ersten Blick nicht zusammen, sind aber glücklich miteinander. Was für Emmis Umgebung eine absurde Vorstellung ist. Über das Paar bricht eine Flut von Hass und Vorurteilen herein, unter der die Beziehung zu zerbrechen droht... Wie man Gegensätze versöhnt, zeigt Rainer Werner Fassbinder in seiner meisterlichen Fusion von klassischem Hollywood-Melodram und kritischer Gesellschaftsstudie.
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Emmi Kurowski (Brigitte Mira) hat ein hartes Leben hinter sich und blickt in eine noch trostlosere Zukunft. Die verwitwete Frau ist einsam, denn ihre drei erwachsenen Kinder "haben mit sich selbst genug am Hals". Und weil sie "nichts Richtiges gelernt" hat, muss sie sich mit Putzjobs über die Runden bringen. Emmi hätte Grund, verbittert zu sein. Aber sie hat sich ein unschuldiges, offenes Gemüt bewahrt. Als sie eines Abends, ganz gegen ihre Gewohnheit, eine arabische Kneipe in ihrer Münchner Nachbarschaft betritt, begegnet sie zum ersten Mal einem Menschen, der ihre Vorzüge erkennt. Emmi verliebt sich in den mehr als 20 Jahre jüngeren Marokkaner El Hedi (El Hedi Ben Salem), den alle nur Ali nennen, und der unter unwürdigen Bedingungen als Gastarbeiter in Deutschland lebt.
Emmi ist klar, dass die Romanze, die sich zwischen ihr und dem feinfühligen, aufmerksamen Ali entwickelt, auf Unverständnis stoßen wird. Als die beiden die Flucht nach vorne antreten und heiraten, ist sie aber doch überrascht über die Gewalt der Vorurteile, die ihr entgegenschlagen. Die Kinder Christa (Irm Herrmann), Albert (Karl Scheydt) und Bruno (Peter Gauhe) brechen den letzten Kontakt zu ihrer Mutter ab; ihre Kolleginnen schneiden sie; die Hausgemeinschaft reagiert mit Schikanen. Emmi und Ali sind bald völlig isoliert. Nach einem Urlaub, den das Paar aus schierer Frustration antritt, scheint jedoch wundersamerweise alles verändert: Verwandte und Bekannte beginnen, sich aus eigennützigen Motiven mit der Existenz von Ali zu arrangieren. Und in diesem Moment gerät die Beziehung selbst in eine Krise: Die Frage ist nicht so sehr, ob man "ohne die anderen" leben kann, sondern wie man mit ihnen lebt...
"Angst essen Seele auf" ist Fassbinders Hommage an Douglas Sirk, eine eigenwillige Interpretation des klassischen Hollywood-Melodrams "Was der Himmel erlaubt". Der Konflikt des Originals - eine gut situierte ältere Frau verliebt sich in einen jüngeren, sozial unpassenden Mann - erscheint hier noch verschärft, denn Fassbinder verwandelt seinen Stoff in eine parabelhafte Abrechnung mit einer rassistischen, vom Erbe des Faschismus gezeichneten Gesellschaft. Die intelligente, stilisierte Inszenierung und ausgezeichnete Darstellerleistungen - Brigitte Mira gibt in der Hauptrolle die Vorstellung ihres Lebens - lassen den Film auch 30 Jahre nach seiner Entstehung unvermindert wirken: deutsches Kino in seiner besten Form.
Personen:
Emmi Brigitte Mira
Ali El Hedi Ben Salem
Krista Irm Hermann
Barbara Barbara Valentin
Herr Gruber Marquard Bohm
Bruno Peter Gauhe
Albert Karl Scheydt
Eugen Rainer Werner Fassbinder
und andere
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Musik: verschiedene Interpreten
Kamera: Jürgen Jürges
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder
Laufzeit: 89 Min.
Daten zu Beteiligten / Genannten:
Regie: Rainer Werner Fassbinder (Wirtschaftswunder-Trilogie, Der Stadtstreicher, Das kleine Chaos, Der Katzelmacher, Liebe ist kälter als der Tod, Warum läuft Herr R. Amok?, Warnung vor einer heiligen Nutte, Händler der vier Jahreszeiten, Martha, Mutter Küsters fährt zum Himmel, Chinesisches Roulette, Satansbraten, Bolwieser, In einem Jahr mit 13 Monden, Die Ehe der Maria Braun, Lili Marleen, Lola, Die Sehnsucht der Veronika Voss) BRD 1973
Band 764: Film 2 Zähler: (1 - 2628) ARD Fr, 21.06.2002 00:55 100 Min.
deutsch
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iFN: 2141
Warnung vor einer heiligen Nutte
Ein Filmteam, dem langsam das Geld ausgeht, wartet in einem spanischen Luxushotel auf den längst überfälligen Regisseur. Die von Neid, Hass, Konkurrenzängsten und unerfüllten Sehnsüchten geprägte Stimmung entlädt sich immer wieder in schmerzlichen Auseinandersetzungen. Mit dem Eintreffen des Regisseurs spitzt die verfahrene Situation sich zu. Fassbinders zehnter Film ist eine virtuose Selbstbespiegelung seines eigenen künstlerischen Entwicklungsprozesses: Das Scheitern des auf seine Initiative hin gegründeten "antiteaters".
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Ein Münchner Filmteam hat sich in einem Luxushotel irgendwo an der spanischen Küste einquartiert und wartet auf das Eintreffen des Regisseurs. Gedreht werden soll "Patria o Muerte", ein Film "gegen staatlich sanktionierte Gewalt". Ohne einen einzigen Meter Film am Drehort hat das Team bereits 185.000 Mark ausgegeben. Ein Produzent ist kurzfristig ausgestiegen, die zweite Rate der Fördergelder aus Bonn wird dringend erwartet. Die Stimmung schwankt zwischen Apathie und Hysterie. Beleuchter, Schauspieler, Requisiteure, Assistenten haben sich mit homo- und heterosexuellen Affären in ein selbstzerstörerisches Netz aus Psychoterror, Konkurrenzkampf und gekränkten Eitelkeiten verstrickt, dessen Fäden dem intriganten Produktionsleiter Sascha (Rainer Werner Fassbinder) allmählich aus der Hand gleiten. Endlich taucht der Regisseur Jeff (Lou Castel) auf, ein tyrannischer Übervater, der das organisatorische und menschliche Chaos für seine Zwecke zu instrumentalisieren versucht. Als sein Geliebter Ricky (Marquard Bohm) sich verweigert, lässt Jeff seine Wut an den anderen aus. Besonders Irm (Magdalena Montezuma) und Korbinian (Ulli Lommel), der masochistische Toningenieur, haben nichts zu lachen. Ohrfeigen, Tränenausbrüche, Frauen und Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs. Obwohl alle im Team seit vielen Jahren von Jeff abhängig sind, rebelliert die Crew immer wieder mit kleineren Sabotage- und Racheakten gegen seine Machtposition. Der französische Star Eddie (Eddie Constantine) fühlt sich sichtlich unwohl in der Rolle eines Politikers, der seine Frau mit einem Handkantenschlag umbringen soll. Trotz aller Widrigkeiten beginnen die Dreharbeiten...
Wie Truffauts "Die amerikanische Nacht" oder Fellinis "Achteinhalb" ist Fassbinders Schlüsselwerk "Warnung vor einer heiligen Nutte" eine Reflexion über das Filmemachen. Mit der Figur des Regisseurs Jeff zeichnet Fassbinder das schonungslos ehrliche Selbstporträt eines genialischen Despoten, der seine Gruppe menschlich und künstlerisch ausbeutet und zugleich von ihr ausgebeutet wird. Der Film ist ein schillernder Abgesang auf das von Fassbinder initiierte Kollektiv-Projekt des "antiteaters", dessen Utopie einer herrschaftsfreien künstlerischen Zusammenarbeit wie in einem Treibhaus der Obsessionen exakt die Machtmechanismen reproduzierte, die überwunden werden sollten. Erst 1992 (im 10. Todesjahr des Regisseurs) konnte die Fassbinder-Foundation nach Kauf der Musikrechte - der Produktion fehlte damals das Geld - den Film in einer autorisierten Fassung in die Kinos bringen.
Zum Abschluss der Rainer-Werner-Fassbinder-Reihe läuft am 23. Juni 2002 "Kamikaze 1989".
Personen:
Eddie Eddie Constantine
Jeff Lou Castel
Hanna Hanna Schygulla
Ricky Marquard Bohm
Irm Magdalena Montezuma
Sascha Rainer Werner Fassbinder
und andere
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Musik: Peer Raben, Elvis Presley,
Ray Charles, Leonard Cohen, Spooky Tooth
Kamera: Michael Ballhaus
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder
Laufzeit: 98 Min.
Daten zu Beteiligten / Genannten:
Regie: Rainer Werner Fassbinder (Wirtschaftswunder-Trilogie, Der Stadtstreicher, Das kleine Chaos, Der Katzelmacher, Liebe ist kälter als der Tod, Warum läuft Herr R. Amok?, Händler der vier Jahreszeiten, Angst essen Seele auf, Martha, Mutter Küsters fährt zum Himmel, Chinesisches Roulette, Satansbraten, Bolwieser, In einem Jahr mit 13 Monden, Die Ehe der Maria Braun, Lili Marleen, Lola, Die Sehnsucht der Veronika Voss) BRD 1971
Videobandbelegung Band 764 VHS-PAL/Secam
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Laufzeit normal |
bespielt |
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frei |
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